FACING 1

Was gibt es Neues in der Kunst? Gibt es überhaupt Neues? Was können wir künftig erwarten? Neue biedermeierliche Betulichkeit oder Provokation? Inhaltsschwere oder Formalismus? Gefühlsintensität oder Strenge? Malerei, Skulptur oder Neue Medien?

So haben wir uns kürzlich in den Meisterklassen von Peter KoglerEva Schlegel und Heimo Zobernigan der Akademie der bildenden Künste in Wien umgesehen, um für zwei Ausstellungen in Wels neuen Entwicklungen nachzuspüren. Wir haben etwa 100 junge KünstlerInnen oft mit sehr klaren, interessanten und überzeugenden Konzepten kennengelernt und hatten die fast unmögliche Aufgabe, daraus eine repräsentative Auswahl zu treffen. Die KünstlerInnen präsentieren ein spannendes Potpourri mit diversen Arbeiten aus dem Bereich Fotografie, Sound, Video/Videoinstallation, Performance, Skulptur. Pluralismus in formaler und inhaltlicher Hinsicht, Individualität, Selbstbezogenheit oder Ironie, unterschiedlichste Positionen, die eine spannungsgeladene Ausstellung versprechen.

Was gibt es Neues? Gibt es überhaupt Neues?

Karin Handlbauer & Lienhard Dinkhauser


 Gunter Anderlik  Aus Tonaufnahmen von Bienen wurde intuitiv eine Audiokomposition verfasst, die sich fast bis zur Unkenntlichkeit vom Ausgangsmaterial verändert wurde. Das „booklet“ nützt zur “Tonspurensuche“. (Zitat)

In der Videoinstallation „Kirschspucken“ lässt Miriam Bajtala Männer Kirschen aus ihren Unterhosen hervorholen, diese dann essen und den Kern mehr oder weniger gekonnt auf ein Ziel hin, an der Kamera vorbei, spucken. Geht es hier um Männer, Kirschen, Unterhosen, oder doch um etwas anderes….?

Halt + Boring. “Der kalkulierte Situationswitz, kombiniert mit einer feinen Grobschlächtigkeit, vermittelt eine angespannte Lockerheit, die eine eloquente Ausdrucks-schwäche beim „BetrachterIn“ entstehen lässt.”(Zitat)

Franz Kapfer. In seinen Fotoarbeiten sieht man ihn in Gestalt des Heiligen Florian, der um ein brennendes Holzmodell der Wiener Innenstadt herumgeht und abwechselnd Öl oder Wasser ins Feuer gießt. Das völlige Relativieren von Retten und Zerstören könnte Ausgangspunkt dieser vielschichtigen Arbeit sein.

Roland Kollnitz zeigt in der Ausstellung die Rutsche „Yellow“ (1996) in Verbindung mit einem aktuellen Video: “Skulpturen sind super”.

Markus Krottendorfer. Die Diaserie “rush-hour” entstand in London (Banks) und Paris (La Defense), zwei der größten Finanzzentren Europas. Es wurden dabei Plätze gewählt, die zur Stoßzeit stark frequentiert sind. Die Portraits wurden aus einer am Boden liegenden oder sitzenden Position gegen den Himmel fotografiert. Die niedrige Aufnahmeposition schafft eine Dramaturgie, die durch die kurzen Bildfrequenzen bei der Projektion verstärkt wird. Die gute Ausleuchtung und der homogene blaue Hintergrund lassen den Eindruck einer Studiosituation entstehen. Dies trägt auch zu einer Idealisierung der Personen bei. Der tägliche Weg von oder zur Arbeit erfolgt automatisiert, ist keine bewußt wahrgenommene Handlung. Die Menschen wirken zielstrebig, aber geistig abwesend. Sie arbeiten für Großkonzerne und Banken. Personen also, die das Finanzwesen und den wirtschaftlichen Aufschwung der westlichen Welt verkörpern.

Lone Haugaard Madsen beschäftigt sich in ihren Arbeiten mit räumlichen und kontextuellen Untersuchungen, die Regeln und Möglichkeiten in Kunst und Architektur hinterfragen. Die Mauer des Hinterhofes des Museum der Stadt Wels bringt sie in die Galerieräume. „Plastische Eingriffe, die eine Reihe von fundamentalen Fragen stellen, von denen wir räumlich unsere Realität/Umgebung organisieren“.

Matej Mondrinjak präsentiert „Minuten-Filme“auf Mini-CDs, die kurze Lebensmomente zeigen. Diese kann der Ausstellungsbesucher selbst auswählen und in den Computer einlegen.


Karin Handlbauer
, die diese Ausstellung kuratiert, betreibt seit 1997 in Wien die Galerie mezzanin. “Das Programm des mezzanin spricht für Karin Handlbauers Spürnase, ihre Begabung, Ausstellungen zu machen, die den Nerv der Zeit treffen”.
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