Auf den ersten Blick stellt sich die Sache sehr einfach dar:
Die Galerieleiter suchen Künstler aus, die Werke werden in den Ausstellungsraum transportiert und positioniert.
Dann das übliche Ritual: Vernissagenpublikum, Politiker, KünstlerIn. Der Kulturreferent eröffnet, ein mehr oder weniger interessanter Festredner, meist Kunsthistoriker, spendet erklärende Worte. Danach Buffet, Smalltalk, Ende der Veranstaltung.
Bewertet wird nach Besucherzahlen und dem angenommenen ästhtischen Wert, abhängig vom persönlichen Geschmack und von der Vorbildung der Besucher. Das Image der Galerie fußt auf einer Referenzliste möglichst bekannter Namen, die schon in der Galerie ausgestellt haben und der medialen Präsenz.
Mit der Ausstellung “Kunstrituale” wollen wir – zum Einstand – ein System transparent machen. Es werden ironische bis kritische Arbeiten, die sich mit dem “Betriebssystem Kunst” beschäftigen, an einem Ort gebündelt, gezeigt.
In unserem Jahrhundert haben Künstler immer wieder ihre Arbeitssituation überdacht oder zum Thema ihrer Arbeit gemacht. Nach genauerer Betrachtung zeigt sich der Kunstbetrieb als verstricktes Beziehungssystem zwischen KünstlerInnen, Verwaltung, Kunstmarkt, Institutionen, Theorie, Medien und Publikum. Und aus jeder Position erscheint das System in einer veränderten Perspektive und Erwartungshaltung.
Denn wie sagte schon Alfred Sinowatz:
“Es ist alles sehr kompliziert”.
Beiträge zur Ausstellung
Carla Degenhardt unterzieht mit ihrem “Opferstock”, einem in Kirchen verwendeten Mobilar, kunstbetriebliche Regelmechanismen einer bissig – ironischen Interpretation. Eine Reihe von Opferkerzen, die mit vorformulierten geheimen Wünschen aus dem Kunstmilieu beschriftet sind, können gegen eine Spende entzündet werden. Wer daran glaubt, könnte so die Weichen für eine erfolgreiche künstlerische Karriere stellen. Eine Kerze haben wir Kuratoren – vorausblickend – selbst gestiftet.
“Hype!” oder “Hegemony” heißen die von Eva Grubinger entwickelten Gesellschaftsspiele, mit denen sie den Kunstbetrieb persifliert. “Clevere Spieler” können sowohl Geld als auch kulturelles Kapital anhäufen. Zufälligkeiten werden durch den Einsatz des Würfels unterstrichen.
Dellbrügge & de Moll zeigen Arbeiten aus dem Zyklus “Kunstkonsumentenprofile”. Auf diesen realistisch gemalten Bildern stellen ArbeiterInnen Überlegungen zum Kunstmarkt an. Grundlage dafür sind die Ergebnisse einer Befragung.
Fritz Ostermayer, Moderatorensaurier von FM 4 mit seiner Kultsendung “Im Sumpf”, beschäftigt sich mit Schlagwörtern des Kunstbetriebes. Als Stolpersteine in Reden und Vorwort eingebaut, hindern diese Kunstinteressierte häufig am Verstehen des Textes.
Gottfried Bechthold aktualisiert eine Arbeit aus dem Jahr 1974, welche den Gegensatz von Kaufpreis und Materialwert thematisiert wird.
Der Zeichner F. K. Wächter karikiert in einer Bilderserie mit dem Titel “Das Leintuch” einen Künstler beim zufälligen Entstehen eines Kunstwerkes, Nikolaus Mahler Vernissagenpublikum und Rudolf Kleinnotorische Kunstpessimisten.
Viedeoarbeiten von Anika Ström (“The Artist live” und “Artist Film”) hinterfragen den Starkult im Kunstbetrieb. Nikolaus Mahler will mit seinem Film “WISLA” sozusagen als Metapher, auf den Zusammenhang von Sportereignis und Kunstevent hinweisen.
Theoretische Erläuterungen zum Thema bzw. zur Ausstellung kommen aus einem “Phonomaten”. Ein Textkanal wurde von Bundeskurator Wolfgang Zinggl besprochen.
Den symbolischen Endpunkt setzt Kai Kuss. Mit seinen Fotografien von der Sprengung eines im Auftrag von Hubert Schmalix hergestellten Kunstwerkes widersetzt er sich dem Ewigkeitsanspruch und der Mythologisierung von Kunst.