„Man muss schon einen Blick haben. Ich denke schon, dass Maler einen Vorteil haben, den ihnen zur Verfügung stehenden Freiraum dialektisch zu füllen. Musiker denken doch ziemlich linear. Ich denke, dass ich schon ein bisschen begriffen habe, wie das mit der Dialektik funktioniert.“
„Ich lege immer Wert darauf, dass der Weg vom Anfang bis zum Jetzt sichtbar wird. Und dass dazwischen, meiner Meinung nach – das gilt auch für die Musik – nicht unbedingt ein Riesensprung liegt. Sondern eine Weiterentwicklung von dem, was da ist.“
„Das Gute ist, ich hab mich nie irgendwie festlegen lassen auf irgendeine Technik, oder wie das heute im Kunstbetrieb heißt: Du machst das, und das machst du dann dein Leben lang. Ich mache einfach, was mir Spaß macht, und das sind konventionell gemalte Ölschinken ebenso wie auch Objekte oder Kästen mit allerlei Abfall.“
(Statements von Peter Brötzmann @ freiStil, Magazin für Musik und Umgebung, #39)
Peter Brötzmann, Arbeiten 1959–2010, Galerie Epikur, Wuppertal
Anlässlich seines 70. Geburtstages zeigt die Galerie Epikur vom 8. April bis zum 18. Juni eine Werkschau von Peter Brötzmann mit Arbeiten aus fünf Jahrzehnten. Während viele Wuppertaler den Künstler als weltberühmten und umtriebigen Saxofonisten kennen, der den deutschen Free Jazz seit den 1960er Jahren nachhaltig geprägt hat, ist die bildende Kunst des 1941 in Remscheid geborenen Multi-Talentes weit weniger bekannt. Über Jahrzehnte in der Abgeschiedenheit seines Wuppertaler Ateliers entstanden und nur selten öffentlich präsentiert, stellt das künstlerische Schaffen Peter Brötzmanns einen deutlichen Gegenpol zu seinen musikalischen Aktivitäten dar. Die ruhige, teils meditative Qualität seiner Gemälde, Collagen und der Druckgrafik mag erstaunen angesichts der verstörenden Explosivität seiner musikalischen Ausdrucksweise.
Tatsächlich entstehen die Bildwerke Peter Brötzmanns nicht in Analogie zu den Improvisationen des Free Jazz, sondern bilden einen völlig eigenständigen künstlerischen Komplex. Anfänglich, in den 1960er Jahren, lassen sich zwar Parallelen zwischen den musikalischen Bestrebungen Peter Brötzmanns und seinen informell anmutenden abstrakten Gemälden oder Material-Landschaften erkennen. In beiden Bereichen, sowohl in der bildenden Kunst wie auch in der Musik des Wahl-Wuppertalers, ist die Absicht zu erkennen, Konventionen zu zerstören und zu überschreiten, um sich vom Ballast der Tradition zu befreien. Inspiriert von der Fluxus-Bewegung als Assistent von Nam Jun Paik in der Wuppertaler Galerie Parnass, gelangt Brötzmann in den 1970er Jahren jedoch zu einer ironisch-naiv anmutenden Bildsprache, mit welcher er der Schwere und Düsternis seiner früheren abstrakten Kompositionen zu entkommen vermag. Ebenso verhält es sich bei seinen mit Fundsachen bestückten, bühnenartigen Materialkästen. Insgesamt dominiert jedoch das Thema Landschaft, das Brötzmann seit Mitte der 1980er Jahre mal metaphorisch auflädt, mal in durchaus romantischer Absicht als Spiegel der Seele betrachtet. Zwar dominieren starke Kontraste und eine dunkle Palette, doch überraschen die zart anmutenden Aquarelle und die feinen Papiere, die der Künstler für seine Holzschnitte benutzt. Die umfassende Werkschau in der Galerie Epikur ist die erste, die in der Wahlheimat Peter Brötzmanns gezeigt wird.
Peter Brötzmann, geboren am 6. März 1941, hat in den 1950er Jahren an der Werkkunstschule Wuppertal Grafik-Design studiert. Seine freien Arbeiten hat er früh in Remscheid am Stadttheater, in Nimwegen, NL (mit Gerd Hanebeck) und 1961 in Bremen gezeigt. 1979 Konzert und Ausstellung an der Akademie der Künste, Berlin/West. Seit 2002 Ausstellungen in Ystad, Schweden, Chicago und Milwaukee, USA und Melbourne, Australien sowie 2005 in der Galerie der Stadt Remscheid. Peter Brötzmann ist Träger des Von der Heydt-Kulturpreises der Stadt Wuppertal.