Die Ausstellung moscow:paradise stellt verschiedene Positionen neuester russischer Kunst vor, die sowohl die historischen Gegebenheiten reflektieren, als auch aus dem Fundus der „westlichen“ Kunst schöpfen. Das zeitgenössische russische Kunstschaffen präsentiert sich in der Ausstellung als äußerst vielfältig und gibt dem Besucher durch eine Reihe von Anknüpfungspunkten an die westliche Kunstgeschichte die Möglichkeit, die Weiterentwicklung der Kunst im Osten zu verfolgen, als auch die hiesige Kunstproduktion aus einem etwas anderen Blickwinkel zu sehen.
Derartige Ausstellungshöhepunkte sind nur durch die freundliche Kooperation mit renommierten Institutionen möglich bzw. leistbar. Im Fall von moscow:paradise sind wir der Galerie Krinzinger (Frau Dr. Ursula Krinzinger) und der Galerie Knoll (Herrn Hans Knoll), beide aus Wien und Experten für „Ostkunst“, zu großem Dank verpflichtet.
Günter Mayer & Lienhard Dinkhauser
Beteiligte KünstlerInnen: Olga Chernysheva reflektiert in ihren Arbeiten auf ironisch-melancholische Weise die Träume und Sehnsüchte des Menschen, speziell des „typischen“ Russen, sowie das Bild des Russen im Westen und die Erwartungshaltungen, die sich hinter diesem Bild verbergen.
Vladimir Dubosarsky + Alexandre Vinogradov lassen die „sowjetische“ Tradition des großen „thematischen“ Bildes wieder aufleben. Ihre Bilder sind jedoch nicht von ideologischem Inhalt geprägt, sondern basieren auf den Regeln der Soz-Art (vereint Elemente des Sozialen Realismus und der Pop Art). Sie suchen daraus die Synthese zu einem neuen Russischen Stil, fordern Missverständnisse heraus, repräsentieren dabei aber die spontane und schizophrene Realität Russlands in der Ära der Post-Perestroika.
Als zweiten Beitrag bringen sie ihr Politika-Buff als eine Art Projektionsskulptur für Vidoes in die Präsentation ein. In seinen Fotografien und Installationen arbeitet Dimitry Gutov in der Sprache der russischen Vergangenheit, indem er sowohl den Realismus des 19. Jahrhunderts, als auch die Kunst der Konstruktivisten zitiert. Ohne eine Form postmoderner Dekonstruktion zu verwenden, erzielt er im Sinne eines hegelschen Historismus konzeptuelle Resultate. Valery Koshlyakov, der „russische Piranesi“, arbeitet die europäische Kunstgeschichte in Skulptur und Architektur auf. Es ist eine Suche nach Vollkommenheit, die freilich nie ohne die Erkenntnis enden kann, dass die Utopie nur in regenverschleierten Visionen, im Kitsch oder in Ruinen zu finden ist. Die Motive auf dem Malgrund entstehen in vielen Schichten von Farb- und Verletzungsspuren. Oleg Kulik erlangte internationale Bekanntheit mit seinen Performances, die oft skandalisiert wurden. Seine „Erforschung“ der Prozesse, wie man ein Tier wird, macht ihn zu einem „enfant terrible“ der Kunstszene. Er experimentierte mit Identitäten und überträgt den sozialen Zustand in das System des früheren Sowjetreichs. Tatyana Libermans Fotoarbeiten beschäftigen sich mit dem menschlichen Körper. Für sie ist der Körper eine Zone des Unbewußten, die Klassifikation und Etikettierung widersteht. Sie benutzt bewußt Stereotypen für ihre geschlechterbezogenen und kulturellen Themen. Igor Moukhin benutzt das Medium der Fotografie, um den Prozess des Verschwindens von kulturellen Symbolen der Sowjetunion zu dokumentieren und den Verlust ihrer ideologischen Bedeutung. Auch AES + F benützen das Medium der Fotografie, inszenieren in historischem Ambiente mit der Bildsprache der Modefotografie provokante Szenarien.
Cokurator: Severin Dünser (Galerie Krinzinger)